Sonntag, 14. Juni 2015

Wodurch Glaubwürdigkeit beeinflusst wird



Die wahrgenommene Glaubwürdigkeit (vor allem im persuasiven Kontext, siehe dazu auch meinen Blogeintrag „Glaubwürdigkeit im persuasiven Kontext“:) wird von verschiedenen Variablen beeinflusst. Denn nicht nur der Sender, sondern auch die Botschaft selbst, der Empfänger, der Kanal und auch der Kontext wirken auf die wahrgenommene Glaubwürdigkeit ein (Spörrle, Becker & Rosenstiel, 2015).

Der Sender

Vor allem bei wenig kompetenten Zielgruppen und bei Angeboten, bei welchen der Rezipient (beispielsweise aufgrund der Komplexität des Angebots) besonders von seinem Vertrauen geleitet wird, sind Kompetenz und Expertise des Senders vorteilhaft.
Auch die wahrgenommene Motivation und die Vertrauenswürdigkeit bestimmen die Glaubwürdigkeit des Senders. Es sollten also keine Anreize einer Falschaussage für den Rezipienten wahrnehmbar sein. Werden Argumente entgegen des eigenen Interesses angebracht, lassen diese den Sender als besonders glaubwürdig wirken.

Zwar umstritten, jedoch für viele Forscher (z. B. Maathuis, Rodenburg & Sikkel, 2004) ein Bestandteil der Glaubwürdigkeit ist die Attraktivität des Senders. Wenn die Attraktivität zum Inhalt der Kommunikation passt, unterstützt diese wiederum die Glaubwürdigkeit des Senders (Siehe diesen Blogeintrag zum Thema Überzeugung durch Attraktivität: http://poyfaber.blogspot.de/2015/06/uberzeugung-durch-attraktivitat.html)

Die Botschaft


In Hinblick auf die Glaubwürdigkeit ist auf Seiten der Botschaft zunächst bemerkenswert, dass  unterschiedliche Verarbeitungsprozesse beim Empfänger ablaufen, je nachdem ob der Sender oder die Botschaft fokussiert wird. 
Daraus ergibt sich ein Wechselspiel aus der Valenz und der Anzahl an Wiederholungen der Argumentation, um glaubwürdig zu erscheinen. 
Beispielsweise sollten schwache Argumente eher seltener wiederholt werden, wohingegen starke Argumente öfter, jedoch ohne starke Übertreibungen und mit Variationen übermittelt werden sollten. 
Wird ein Senders zunächst als nicht besonders glaubwürdig wahrgenommen, sollte dieser übertreibende Argumente vermeiden. Umgekehrt verlangt ein als glaubwürdig wahrgenommener Sender auch gute Argumente.

Der Empfänger

Auch der aktuelle Zustand und die Eigenschaften des Empfängers haben Auswirkungen auf die Glaubwürdigkeit. 
Wenn der Empfänger beispielsweise nur über geringes Vorwissen verfügt ist die Expertise und die Glaubwürdigkeit des Senders sehr relevant. Besonders empfänglich für attraktive Sender sind Personen, welche sozial orientiert sind und besonderen Wert auf die Meinungen anderer legen. Zudem identifizieren diese Personen sich häufig mit dem Sender (DeBone & Harnish, 1988). Sind Personen eher individualistisch orientiert, so ist die Expertise und Kompetenz des Senders von größerer Bedeutung. 

Periphere Hinweisreize, wie zum Beispiel das Aussehen einer Person, die Einrichtung eines Geschäftes, das Zimmer des YouTube-Kommunikators, oder eben auch die Glaubwürdigkeit der Quelle sind immer wichtig, vor allem jedoch dann, wenn der Empfänger die Botschaft mit niedrigen Involvement rezipiert. Das bedeutet, dass die wahrgenommene Bedeutung eines Einstellungsobjekts für eine Person eher gering ist (Zaichkowsky, 1985). 
Niedriges Involvement würde beispielweise eine 60-jährige bei einer Kommunikation über YouTube-Stars empfinden, während hingegen ein 17-jähriger wahrscheinlich mit hohen Involvement reagieren würde. Sind die Empfänger einer Nachricht höher involviert, so sind starke Argumente wichtiger. Die peripheren Hinweisreize sind vor allem bei Personen mit wenig Vorwissen und geringer Intelligenz entscheidend, starke Argumente wären an dieser Stelle eher unangebracht. 


Der Kanal

Der Kanal erlaubt es, die Botschaft sowie die entsprechenden Argumente und peripheren Hinweisreize zu senden und nimmt somit indirekt Einfluss auf die Glaubwürdigkeit.
Vor allem die Bandbreite und die Individualisierung des Kommunikationskanals sind hierfür die Grundvoraussetzungen für Glaubwürdigkeit. 

Über das Radio, ein Medium mit eher geringer Bandbreite, lassen sich weniger periphere Hinweisreize transportieren als über das Fernsehen oder über ein Video auf YouTube. Das führt zu einer Polarisation der Glaubwürdigkeit -  wer also glaubwürdig ist, wird umso glaubwürdiger wahrgenommen, wohingegen ohnehin schon unglaubwürdige Sender als noch unglaubwürdiger wahrgenommen werden.

Auch die Möglichkeit zur Individualisierung ist entscheidend. 
Je spezifischer auf einzelne Personen eingegangen werden kann, umso überzeugender kann kommuniziert werden. Auch die Möglichkeit des Widerspruchs durch den Empfänger bestimmt den Grad der Glaubwürdigkeit mit. Auch der Kanal selbst ist ein Hinweis auf die Glaubwürdigkeit. Beispielsweise werden den klassischen Medienkanälen wie Fernsehen, Presse und Radio mehr Glaubwürdigkeit zugeschrieben als Digitalen (Email, Internet, SMS).


 Der Kontext

Abschließend trägt auch der Kontext zur Glaubwürdigkeit bei. Zum Beispiel ist der Einfluss anderer Personen nicht unerheblich. Hat ein Kanal bereits viele Abonnenten und die Videos tausende Likes steigt die Glaubwürdigkeit beim Rezipienten vermutlich. Besonders ausgeprägt ist dieser Effekt bei Personen, welchen großen Wert auf soziale Akzeptanz legen.




Quellen:


DeBono, K., & Harnish, J. (1988). Source expertise, source attractiveness, and the processing of persuasive information: A functional approach. Journal of Personality and Social Psychology55, 541–546.

Maathuis, O., Rodenburg, J., & Sikkel, D. (2004). Credibility, emotion or reason? Corporate Reputation Review, 6, 333–345.

Spörrle, M., Becker, F., & von Rosenstiel, L. (2015). Persuasion durch Glaubwürdigkeit. In Wirtschaftspsychologie (pp. 67-81). Springer Berlin Heidelberg.

Zaichkowsky, J. L. (1985). Measuring the involvement construct. Journal of Consumer Research, 12, 341–352.


Bildquellen:

aus Spörrle, Becker & Rosenstiel (2015), S. 73

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